3 Songs ohne Blitz! Das ist die erste Ansage, die man als Presse auf einem Festival bekommt. Für mich war das Alles neu und aufregend. Klar, war ich schon auf vielen Festivals gewesen, aber nicht als Presse. Man hat also die ersten drei Songs Zeit, Momente einzufangen, die bezeichnend für ein Konzert sind. Puh, ganz schön schwierige Aufgabe und vor allem hat man einen vollgepackten Zeitplan, denn man ist ja nicht nur als Presse da, sondern auch weil man die Musik liebt.
Auf Festivals gibt es mehrere Arten von Bands oder Musikern: 1. Man kennt die Band, möchte sie aber super super gerne mal live sehen. Man sieht sie dann auch und das Konzert gefällt. 2. Man kennt die Band, möchte sie super super gerne live sehen, sie waren aber dann doch nicht so super, wie man gedacht hat. 3. Man kennt die Band, hat sie schon live gesehen und fand sie so gut, dass man sie nochmal sehen will. 4. Man kennt die Band oder den Musiker nicht, geht aber trotzdem mal hin und bleibt das komplette Konzert, weil sie so geil sind und kauft sich beim Merch eine Platte. 5. Man kennt die Musik nicht, hört sie sich kurz an, findet sie kacke und geht erst mal ein Bier trinken. Alkohol tötet ja bekanntlich den Geschmack und macht so einiges erträglich. 6. Man kennt die Band, zieht es aber vor im Zelt den Rausch vom Vorabend auszuschlafen, baden zu gehen, lauwarmes Bier zu trinken oder einen Happen aus der vitaminreichen und ausgewogenen Festivalküche zu sich zu nehmen, um sich zu stärken.
Aber nun zur Sache und worum es geht: das Stoned from the Underground 2015. Das Festival feierte dieses Jahr seinen 15. Geburtstag als eines der größten Veranstaltungen für Stoner-Rock, Psychedelic und Doom im deutschsprachigen Raum.
SftU ist ein Festival im beschaulichen Erfurter Vorort Stotternheim, in dem sich Jahr für Jahr Musikbegeisterte aller Art und jedes Alters versammeln um Jahr für Jahr die Großen und Kleinen der Szene zu treffen. Der nahegelegene Alperstedter See lud auch 2015 bei heißen Temperaturen zum Baden ein und auch während man sich im kalten Nass erfrischte, wehte immer noch etwas Musik von der Hauptbühne rüber.
Auf dem Stoned 2015 waren von fast allen Kategorien Bands oder Musiker anwesend. Dozer, zum Beispiel, belagert seit einigen Jahren dauerhaft meinen MP3-Player aber auf ein Konzert hatte ich es vor dem SftU noch nicht geschafft. Die Stoner-Urgestalten waren genauso kraftvoll auf der Bühne, wie ich es mir vorgestellt hatte. Nick Oliveri und John Garcia gehören eher zu Musikern der Kategorie 2. Zwar spielte Oliveri einige Songs von Kyuss und Queens of the Stone Age als Akustik-Version, aber mehr als mich holte es nicht hinterm Bierwagen hervor. Das gleiche Problem hatte John Garcia am Freitag Abend. Musikalisch solide spielte er bekannte Songs aus seiner Karriere bei kyuss, Hermano und slo burn. Es erinnerte mich an meine ersten Erfahrungen mit dem Stoner-Genre, weil man da einfach nicht an Garcia vorbeikommt. Das Set war wenig überraschend, aber eine kleine Reise in die Vergangenheit.
Bands, die man sich immer wieder live anschauen kann, gab es natürlich auch auf dem SftU 2015. Zum Beispiel Elder, Mos Generator, Radio Moscow oder The Midnight Ghost Train.
Bands, die mich überrascht haben und die ich wirklich gut fand, waren Honeymoon Disease, Dead Lord, Monomyth und Mammoth Mammoth. Honeymoon Disease brachten dabei Hippie-Flair, Entspannung und einen Hauch von Retro auf die Bühne. Dead Lord, die ebenfalls aus Schweden kommen, haben sich mehr den härteren Klängen verschrieben, aber auch das macht das Stoned aus: eine Mischung, die sich auf nichts festlegen will und somit einen breiten Bereich abdeckt und man Musik hört und gut findet, die man von selbst nicht in die eigene Playlist hauen würde. Monomyth ist das Stoned in einer Band. Es fällt schwer, die Niederländer einem bestimmten Genre zuzuschreiben. Sie selbst beschreiben sich auf ihrer Webseite selbst als „Instrumental Space Kraut Stonerrock“ und diese Zuordnung trifft den Nagel ziemlich auf den sprichwörtlichen Kopf. Sie brauchten keinen Gesang, um das Publikum mitzureißen und trotz der langen Songs bei der Stange zu halten. Zu keinem Zeitpunkt waren die fünf Musiker langatmig oder gar langweilig. Um eine weitere und letzte Band für diese Review zu nennen, die ebenfalls mit M anfängt und aus Australien kommt: Mammoth Mammoth. Auch sie waren live sehr vielseitig und haben Einflüsse aus verschiedensten musikalischen Bereichen: Stoner-Rock, Glam, Doom, Psychedelic und sogar Punk. Auch an dieser Stelle möchte ich kurz ein paar Worte von ihrer Webseite zitieren, weil mans besser nicht ausdrücken kann: „the sound that sometimes kills unicorns‘ and ‚more awesome than God’s tits!“ Prinzipiell bleibt da nicht mehr zu sagen.
Das erste, was man auf dem Stoned morgens hört ist, dass man nichts hört, außer das Flattern von Zeltplanen im Wind und den Zikaden im Gras. Gerade für Leute wie mich, die gerade in ein gefühltes Alter kommen, in dem der Rücken zu schmerzen beginnt und man nicht mehr jeden Rausch einfach so mit drei Stunden Entspannung wegschläft ist die Ruhe auf dem Festival und ein Bad im See genau das Richtige.
Über die letzten 15 Jahre ist sich das Stoned from the Underground treu geblieben und inmitten von Rockern und Hippies konnte man so richtig schön die Seele baumeln lassen und ohne viel Stress einfach nur guter Musik lauschen, ob direkt vor der Bühne oder vom Seeufer aus. Der obligatorische Besuch auf dem kleinen Hügel hinter dem Gelände am Sonntag Mittag durfte natürlich nicht fehlen. Von da aus kann man nämlich mit einer sanften Brise um die Nase sehen, wie langsam alle abreisen, entweder mit dem Shuttlebus, den Rad oder Auto. Vielen Dank, Stoned from die Underground für diese entspannten, musikalisch besonderen und durchweg großartigen drei Tage. Auf die nächsten 15 Jahre.
Impressionen